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Kolloquium bei den Kiwis

© Nadine Nagel

Wie eine Geisenheimerin „dank“ Corona nicht nur ihr Praktikum, sondern gleich den gesamten Studienstudienabschluss in Neuseeland absolvierte. Ein Bericht von Nadine Nagel, Absolventin des Bachelor-Studiengangs Logistik und Management Frischprodukte an der Hochschule Geisenheim.

Ich bin Nadine und habe im Februar mein Studium Logistik und Management Frischprodukte an der Hochschule Geisenheim erfolgreich abgeschlossen. Davor, im 7. Semester, stand das Pflichtpraktikum an. Den Traum dieses Praktikum im Ausland zu absolvieren, hatte ich bereits seit Beginn des Studiums und war sehr aufgeregt, als Ende des Jahres 2019 klar war: Ich werde mein Praxissemester in Neuseeland absolvieren.

So startete also die Plannung rund um Flüge, Hotels, Auslandskrankenversicherung und Vieles mehr. Parallel dazu verbreitete sich aber das Corona-Virus immer schneller und keiner wusste zu diesem Zeitpunkt, wie dieses Virus unser Lebens beeinflussen würde. Mir war jedoch klar, dass ich mir, wenn ich nicht fliegen würde, in Deutschland in sehr kurzer Zeit einen neuen Praktikumsplatz suchen müsste. Ich diese Reise schon lange geplant und wollte sie durchziehen. Am 02. März 2020 verließ ich Deutschland also und flog über Singapur nach Auckland in Neuseeland.

Während meines Aufenthaltes in Singapur erreichten mich die ersten schlechten Nachrichten: Mein neuseeländischer Arbeitgeber teilte mir mit, dass ich zwei Wochen zu Hause bleiben solle, bevor ich ins Praktikum starten könne. In Neuseeland angekommen, erfuhr ich, dass die Grenzen innerhalb der nächsten Tage schließen werden. Ich machte mich daraufhin auf den Weg nach Napier, meinem Heimatort für die kommenden Monate, um einen klaren Kopf zu bekommen und herauszufinden, was als nächstes passieren wird. Zwei Wochen später kam der komplette Lockdown, Stufe 4. Der Lockdown in Neuseeland ist klar strukturiert und hat 4 Stufen. Level 4 ist der absolute Lockdown und bedeutet, keinen Kontakt mit jeglichen Personen außerhalb des eigenen Haushalts. Das schließt auch den Arbeitsplatz ein. In dieser Zeit dachte ich viel nach und war unsicher, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Die deutsche Regierung startete eine Rückholaktion deutscher Reisender und ich hatte Angst, dass ich mein Praktikum nicht mehr ausführen könne.

Ich hatte jedoch alles was ich brauchte: eine Wohnung, ein Auto und einen Job. Und ich hatte Glück, in einem großen Unternehmen zu arbeiten, das die Mittel hatte, mich mit einer kompletten Home-Office-Ausstattung zu versorgen. Ich entschied also, in Neuseeland zu bleiben. Vom 25. März bis zum 27. April 2020 war Neuseeland in Level 4 und anschließend vier weitere Wochen in Level 3. In dieser Zeit wurden die Schulen geschlossen, es war nur erlaubt, zum nächsten Supermarkt zu fahren und in seiner „Bubble“ zu bleiben; Kontakt mit Menschen außerhalb dessen war untersagt.

Ich arbeitete ganz normal von zu Hause weiter und war sehr dankbar für die Unterstützung, die ich seitens meines Arbeitgebers erfahren durfte. Ich lernte viel Neues und hatte tägliche Trainingseinheiten über MS Teams. Außerdem verbesserte sich mein Englisch schnell und ich fing an den „Kiwi“-Akzent zu verstehen. Am 08. Juli 2020 war Neuseeland Covid-19 frei. Für mich bedeutete das, dass ich mein Praktikum endlich im Büro weiterführen und meine Kolleginnen und Kollegen kennen lernen konnte. In den mir verbleibenden Wochen arbeitete ich unter anderem an meinem BPS-Bericht und der Präsentation meiner Ergebnisse. Ziemlich schnell kam dann auch mein letzter Arbeitstag Mitte Juli und ich freute mich auf die Abschiedsparty, die meine Kolleginnen und Kollegen für mich am Abend organisiert hatten.

Eine Sache, die mich trotzdem nicht los ließ, war die im Rest der Welt anhaltende Pandemie. Durch puren Zufall hatte ich mir ein Land ausgesucht, dass das Virus sehr gut im Griff hatte und in dem die Menschen viele Freiheiten genießen durften. Ich wollte also in Neuseeland bleiben und das Beste aus meiner Zeit machen. Ich rief in der Hochschule an, fragte in meinem Unternehmen nach und erhielt ich die Zusage, meine Bachelorarbeit ebenfalls in Neuseeland schreiben zu können.

Da mir aber noch 6 Credits fehlten, belegte ich während des BPS‘ einen Kurs an der Hochschule Geisenheim. Dies war durch den Online-Charakter des Kurses zum Glück möglich, auch wenn die Mitarbeit sich durch den deutlichen Zeitunterschied manchmal schwierig gestaltete. Schlußendlich hatte es sich jedoch gelohnt, da ich dadurch in Neuseeland bleiben konnte. Ich hatte also alle Kurse belegt und Credits gesammelt und so war die Thesis die letzte Hürde. Nach einigen Gesprächen mit meinem Arbeitgeber, stand das Projekt dafür fest. Bevor es losging, hatte ich jedoch noch einen anderen Wunsch: Ich wollte mehr von Neuseeland sehen und für ein paar Wochen durch das Land reisen. Ich packte Mitte Juli also meine Sachen, stieg ins Auto und fuhr los.

Die nächsten sieben Wochen waren ein einziges Abenteuer. Ich traf viele Backpacker, die sich wie ich entschieden hatten, während der Pandemie in Neuseeland zu bleiben und gewann neue Freunde. Zusammen reisten wir über die Südinsel, wanderten und endeckten die unglaubliche Natur Neuseelands. Whale-watching, Fallschirmspringen, Gletscher-Wanderungen und Bergpapageien waren unter anderem Teil der Reise. Die Realität holte mich Ende August wieder ein, als neue Corona-Fälle im Land auftauchen und Level 2 verkündet wurde. Ich machte mich also auf den Weg zurück zur Nordinsel, genauer gesagt nach Mount Maunganui. Hier sollte ich die zweite Hälfte des Jahres 2020 verbringen. Nach der Auszeit, war ich bereit für meine Bachelorarbeit.

Im September ging es los und ich hatte noch keine langfristige Bleibe, weshalb ich anfangs in einem Hostel in Mount Maunganui wohnte. Schnell wurde mir klar, dass ich dort nicht in Ruhe arbeiten konnte und war ich froh, als ich eine schöne Wohnung in der Gegend fand. Die drei Monate in denen ich meine Thesis schrieb, vergingen im Flug und langsam kam der Sommer. Um Corona machte sich hier niemand mehr Sorgen, da die Regierungsmaßnahmen und das System der 4 Level gut funktionierten. Die isolierte Lage und die Schließung der Grenzen seit März waren für Neuseeland außerdem ein Vorteil. Der entscheidende Tag kam und ich konnte endlich meine Bachelorarbeit abgeben und in meinen ersten Weihnachtsurlaub im Sommer starten. Zu diesem Zeitpunkt wurde außerdem bekanntgegeben, dass die neuseeländische Regierung aufgrund der Pandemie alle temporären Visa verlängern werde. Ich hatte also doppelten Grund mich zu freuen und nutzte die Zeit bis zu meinem Kolloquium, um noch mehr von Neuseeland zu entdecken und den Sommer in vollen Zügen zu genießen.

Mitte Februar war es dann soweit und ich konnte mit dem Kolloquium erfolgreich mein Studium abschliessen. Ich bin sehr dankbar, dass die Kommunikation mit der Hochschule, vorallem mit Eike Kaim als Betreuerin meines BPS- und meines Bachelor-Projekts, so gut funktionierte, und ich die Möglichkeit hatte, mein Studium hier abschließen zu können.

Zum momentanen Zeitpunkt befinde ich mich immernoch in Neuseeland und habe einen Job bei dem Unternehmen, das mich durch das BPS und meine Thesis begleitet hat. Ich darf mich sehr glücklich schätzen, hier zu sein und kann ein Auslandsjahr, -semster oder -praktikum nur empfehlen. Es lohnt sich in jedem Fall.  

Das International Office begleitet Sie gerne bei Ihren Überlegungen, ins Ausland zu gehen, und berät Sie zu Förder- und Stipendienprogrammen (international(at)hs-gm.de). Wir empfehlen Ihnen, mehrere Optionen zu planen und neben Überseegebieten auch Länder der EU im Blick zu halten. Bitte berücksichtigen Sie in Ihrer Planung die Einreise- und Ausreisebestimmungen, die pandemiebedingten Regularien des Landes und der Region sowie die Auflagen der Gasthochschule bzw. des Arbeitgebers. Wir hoffen sehr, dass wir bereits im Sommer wieder eine größere Zahl von Studierenden über Erasmus oder andere Programme ins Ausland schicken können.

Kategorien: Logistik und Management Frischprodukte, International, International Office, Nachrichten

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