Kompetenzzentrum Kulturlandschaft (KULT)

wissenschaft.praxis.diskurs.

Das Kompetenzzentrum Kulturlandschaft (KULT) bearbeitet in einem kooperativen Netzwerk aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen einer nachhaltigen Entwicklung von Kulturlandschaften. Hierzu führen wir Veranstaltungen, Weiterbildungen und Projekte durch und bringen damit die Entwicklung fachlicher Standards voran.

Kulturlandschaften unterliegen in der heutigen Moderne einem starken Änderungsdruck und Wandel. Die Inanspruchnahme der Landschaften durch Intensivierung der Landnutzung (Land- und Forstwirtschaft, Siedlungsbau, Energiegewinnung etc.) führt zu immer tiefgreifenderen Veränderungen dieser hochwertigen Kulturlandschaften. Wertbestimmende Merkmale gehen unwiederbringlich verloren – wie z. B. historische Elemente und biologische Vielfalt.

 

Veranstaltungen

Hier finden Sie die aktuellen Veranstaltungen des KULT:

4. September 2025: 7. Tagung Straße und Landschaft "Wasser als Schlüsselfaktor für eine nachhaltigere Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur"

Am 4. September 2025 findet an der Hochschule Geisenheim die siebte Tagung „Straße und Landschaft“ statt. Unter dem Titel „Wasser als Schlüsselfaktor für eine nachhaltigere Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur“ widmet sich die Veranstaltung aktuellen Herausforderungen im Umgang mit Wasser im Straßenbau. Angesichts des Klimawandels und seiner Auswirkungen auf den Wasserhaushalt rückt Wasser zunehmend als strategisches Element in den Fokus von Planung und Bau. Expertinnen und Experten aus Verwaltung, Wissenschaft und Praxis diskutieren in Vorträgen und Beispielen über technische Lösungen, naturschutzfachliche Aspekte und neue Formen der Zusammenarbeit. Die Tagung richtet sich an Fachleute aus Straßenbau, Wasserwirtschaft, Landespflege und verwandten Bereichen. Beginn ist um 10:00 Uhr, die Teilnahme kostet 50 Euro und ist mit vorheriger Anmeldungbis zum 27. August möglich. Veranstaltungsort ist der Hörsaal 50 auf dem Campus der Hochschule Geisenheim.

Anmeldung Online bis zum 27. August 2025 unter: https://veranstaltungen.hs-geisenheim.de/event/7-sl2025

 

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Aktuelles aus dem Kompetenzzentrum Kulturlandschaft

Wolf kontra Weidewirtschaft – Naturschutz kontra Landwirtschaft?

© WikiImages / Pixabay

Geisenheimer und Freiburger Forschende tragen mit ihrer Arbeit zur Verständigung beider Seiten in einer emotional aufgeladenen Debatte bei

Der Wolf ist für Menschen entweder ein bedrohliches Raubtier oder der Inbegriff intakter Natur: Während viele Vertreterinnen und Vertreter des Natur- und Tierschutzes die Ausbreitung des Wolfes in Deutschland begrüßen, sehen direkt betroffene Landwirtinnen und Landwirte mit Weidetierhaltung die Rückkehr des Raubtieres kritisch. Ein Team um Nicolas Schoof und Prof. Dr. Albert Reif von der Professur für Standorts- und Vegetationskunde der Universität Freiburg und Prof. Dr. Eckhard Jedicke, Leiter des Kompetenzzentrums Kulturlandschaft (KULT) sowie des Instituts für Landschaftsplanung und Naturschutz der Hochschule Geisenheim, hat die bestehende Rechtslage ausgewertet und zeigt auf Basis verschiedener ökologischer Daten Konfliktlinien und mögliche Lösungsansätze auf. Die Forschenden stellen in einer Publikation in der Fachzeitschrift „Naturschutz und Landschaftsplanung“ detailliert vor, dass sich die Ausbreitung des Raubtieres negativ auf rechtlich verbindliche Naturschutzziele auswirken könnte.

Expertinnen und Experten ordneten die in Deutschland wieder vorkommenden Wölfe zunächst der mitteleuropäischen Flachlandpopulation zu, wobei davon ausgegangen wurde, dass diese weitgehend isoliert sei, erklärt Schoof. Neuere genetische Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Population zumindest im Austausch mit der baltischen Wolfspopulation steht und deshalb nur ein geringes Inzuchtrisiko existiert. Das europäische Recht sei sehr streng und lasse, anders als oft behauptet, keine Bestandsregulierung zu: „Dadurch kommt es zu einer hohen Wachstums- und Überlebensrate der Jungtiere“, sagt der Freiburger Forscher, „so dass sich der Wolf in vielen Ländern ausbreiten kann.“

Die Art selbst bedeutet zunächst eine Ergänzung der heimischen Fauna. Das Team um Schoof analysiert, welche Konsequenzen die wachsende Wolfspopulation und die damit einhergehenden zunehmenden Nutztierrisse und die dadurch erforderlichen Herdenschutzerfordernisse in Deutschland für den Biodiversitätsschutz haben werden. „Es droht eine partielle Aufgabe der Weidewirtschaft gerade auf naturschutzfachlich essenziellen Standorten“, erklärt Schoof. Betroffen könnten zum Beispiel Heiden oder Grünland in Steillagen und auf steinigen Böden sein. Diese Lebensräume stehen – wie der Wolf auch – im Fokus des rechtsverbindlichen Naturschutzes und sind zwingend auf die Fortführung der Beweidung angewiesen. Anders als der Wolf sind diese Lebensräume in ihrem Bestand bedroht.

„Damit stehen gemäß europäischer Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie gleichrangige Schutzgüter miteinander in Konflikt, nämlich der Wolf einerseits und selten gewordene Grünlandbiotope andererseits“, erklärt Prof. Dr. Eckhard Jedicke. Er forscht an den Möglichkeiten, kulturhistorisch bedeutsame Landschaften und ihre Lebensräume gemeinsam mit der Landwirtschaft zu erhalten. „Wir erfahren immer wieder, dass die Bäuerinnen und Bauern, die die europäisch bedeutsamsten Kulturbiotope bewirtschaften, ökonomisch kaum mehr weiterwissen“, sagt er. Der Wolf verschärfe ihre Situation. „Wir möchten mit unserer Arbeit zwischen beiden Seiten vermitteln und die sehr emotional geführte Diskussion versachlichen, denn der Naturschutz braucht – wie auch die Weidewirtschaft – pragmatische Lösungen“, sagt Jedicke.

In vielen Fällen kann der Herdenschutz durch neue Zäune stark verbessert werden, was aber zum Beispiel in steilen Gebirgslagen nicht umsetzbar ist. Abhängig von der Größe und Beschaffenheit der Weiden könnten Herdenschutzhunde eingeführt werden. Das sei jedoch eine ausgesprochen arbeits- und kostenintensive Option, die nur für wenige Tierhaltende infrage komme. Vor allem in halboffenen Weidelandschaften, die ein essenzieller Baustein des Biodiversitätsschutzes sind, können Herdenschutzhunde nicht effektiv eingesetzt werden. Da aber gerade auf diesen Flächen die Probleme durch Wölfe ansteigen können, seien nur feststehende, wolfabweisende Zäune eine Lösung, die wiederum großflächige Weideprojekte in ihrer Raumwirkung beschränken würden. Generell stelle die zu erwartende Aufrüstung der Zaunanlagen eine massive Einschränkung anderer Wildtiere dar, die auf Weiden einen optimalen Lebensraum finden.

Für die Wissenschaftler besteht aufgrund dieser Konflikte kein Zweifel, dass die ordnungsrechtlich mögliche, jagdliche Entnahme problematischer Einzeltiere wesentlich vereinfacht und stringent durchgeführt werden muss. Perspektivisch muss auch über ein umfassendes aktives Management der Wolfspopulation nachgedacht und dafür ordnungsrechtliche Änderungen ergriffen werden. Die Wolfspopulation sei aufgrund der erreichten Individuenzahlen, des eher geringen Inzuchtrisikos und des aktuell exponentiellen Populationswachstums nicht gefährdet, argumentieren sie. Einfachere Lösungen seien nicht in Sicht oder rechtlich noch nicht möglich, betont Schoof.

Zudem schlagen die Forschenden in ihrer Studie vor, dass zum einen alle erforderlichen Herdenschutzmaßnahmen vollumfänglich gefördert werden sollen. „Zum anderen könnte eine bessere finanzielle Förderung der wirtschaftlich oft unattraktiven Weidetierhaltung etwas zur Mäßigung bei den bestehenden Konflikten beitragen“, sagen Schoof und Jedicke. „Dadurch würde den Halterinnen und Haltern von Weidetieren deutlich gezeigt werden, dass sie wichtige Partnerinnen und Partner sind, wenn es darum geht, praktischen Naturschutz umzusetzen.“ Die Agrarförderpolitik zählt ebenfalls zu den Arbeitsschwerpunkten der beiden Forscher in Freiburg und Geisenheim.

Originalpublikation:

Schoof, N., Reif, A., Luick, R., Jedicke, E., Kämmer, G., Metzner, J. (2021): Der Wolf in Deutschland. Herausforderungen für weidebasierte Tierhaltungen und den praktischen Naturschutz. In: Naturschutz und Landschaftsplanung 53 (1), 2021. DOI: 10.1399/NuL.2021.01.01

Kontakt:

Prof. Dr. Eckhard Jedicke
Institut für Landschaftsplanung und Naturschutz & Kompetenzzentrum Kulturlandschaft (KULT)
Hochschule Geisenheim University
Tel.: 0173/901 66 15
eckhard.jedicke(at)hs-gm.de

Nicolas Schoof
Professur für Standorts- und Vegetationskunde
Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0176/61817226
nicolas.schoof(at)waldbau.uni-freiburg.de

Kategorien: FORSCHUNG, Landschaftsplanung und Naturschutz, Nachrichten

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© Prof. Dr. Eckhard Jedicke
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Wolf kontra Weidewirtschaft – Naturschutz kontra Landwirtschaft?

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Geisenheimer und Freiburger Forschende tragen mit ihrer Arbeit zur Verständigung beider Seiten in einer emotional aufgeladenen Debatte bei

Der Wolf ist für Menschen entweder ein bedrohliches Raubtier oder der Inbegriff intakter Natur: Während viele Vertreterinnen und Vertreter des Natur- und Tierschutzes die Ausbreitung des Wolfes in Deutschland begrüßen, sehen direkt betroffene Landwirtinnen und Landwirte mit Weidetierhaltung die Rückkehr des Raubtieres kritisch. Ein Team um Nicolas Schoof und Prof. Dr. Albert Reif von der Professur für Standorts- und Vegetationskunde der Universität Freiburg und Prof. Dr. Eckhard Jedicke, Leiter des Kompetenzzentrums Kulturlandschaft (KULT) sowie des Instituts für Landschaftsplanung und Naturschutz der Hochschule Geisenheim, hat die bestehende Rechtslage ausgewertet und zeigt auf Basis verschiedener ökologischer Daten Konfliktlinien und mögliche Lösungsansätze auf. Die Forschenden stellen in einer Publikation in der Fachzeitschrift „Naturschutz und Landschaftsplanung“ detailliert vor, dass sich die Ausbreitung des Raubtieres negativ auf rechtlich verbindliche Naturschutzziele auswirken könnte.

Expertinnen und Experten ordneten die in Deutschland wieder vorkommenden Wölfe zunächst der mitteleuropäischen Flachlandpopulation zu, wobei davon ausgegangen wurde, dass diese weitgehend isoliert sei, erklärt Schoof. Neuere genetische Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Population zumindest im Austausch mit der baltischen Wolfspopulation steht und deshalb nur ein geringes Inzuchtrisiko existiert. Das europäische Recht sei sehr streng und lasse, anders als oft behauptet, keine Bestandsregulierung zu: „Dadurch kommt es zu einer hohen Wachstums- und Überlebensrate der Jungtiere“, sagt der Freiburger Forscher, „so dass sich der Wolf in vielen Ländern ausbreiten kann.“

Die Art selbst bedeutet zunächst eine Ergänzung der heimischen Fauna. Das Team um Schoof analysiert, welche Konsequenzen die wachsende Wolfspopulation und die damit einhergehenden zunehmenden Nutztierrisse und die dadurch erforderlichen Herdenschutzerfordernisse in Deutschland für den Biodiversitätsschutz haben werden. „Es droht eine partielle Aufgabe der Weidewirtschaft gerade auf naturschutzfachlich essenziellen Standorten“, erklärt Schoof. Betroffen könnten zum Beispiel Heiden oder Grünland in Steillagen und auf steinigen Böden sein. Diese Lebensräume stehen – wie der Wolf auch – im Fokus des rechtsverbindlichen Naturschutzes und sind zwingend auf die Fortführung der Beweidung angewiesen. Anders als der Wolf sind diese Lebensräume in ihrem Bestand bedroht.

„Damit stehen gemäß europäischer Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie gleichrangige Schutzgüter miteinander in Konflikt, nämlich der Wolf einerseits und selten gewordene Grünlandbiotope andererseits“, erklärt Prof. Dr. Eckhard Jedicke. Er forscht an den Möglichkeiten, kulturhistorisch bedeutsame Landschaften und ihre Lebensräume gemeinsam mit der Landwirtschaft zu erhalten. „Wir erfahren immer wieder, dass die Bäuerinnen und Bauern, die die europäisch bedeutsamsten Kulturbiotope bewirtschaften, ökonomisch kaum mehr weiterwissen“, sagt er. Der Wolf verschärfe ihre Situation. „Wir möchten mit unserer Arbeit zwischen beiden Seiten vermitteln und die sehr emotional geführte Diskussion versachlichen, denn der Naturschutz braucht – wie auch die Weidewirtschaft – pragmatische Lösungen“, sagt Jedicke.

In vielen Fällen kann der Herdenschutz durch neue Zäune stark verbessert werden, was aber zum Beispiel in steilen Gebirgslagen nicht umsetzbar ist. Abhängig von der Größe und Beschaffenheit der Weiden könnten Herdenschutzhunde eingeführt werden. Das sei jedoch eine ausgesprochen arbeits- und kostenintensive Option, die nur für wenige Tierhaltende infrage komme. Vor allem in halboffenen Weidelandschaften, die ein essenzieller Baustein des Biodiversitätsschutzes sind, können Herdenschutzhunde nicht effektiv eingesetzt werden. Da aber gerade auf diesen Flächen die Probleme durch Wölfe ansteigen können, seien nur feststehende, wolfabweisende Zäune eine Lösung, die wiederum großflächige Weideprojekte in ihrer Raumwirkung beschränken würden. Generell stelle die zu erwartende Aufrüstung der Zaunanlagen eine massive Einschränkung anderer Wildtiere dar, die auf Weiden einen optimalen Lebensraum finden.

Für die Wissenschaftler besteht aufgrund dieser Konflikte kein Zweifel, dass die ordnungsrechtlich mögliche, jagdliche Entnahme problematischer Einzeltiere wesentlich vereinfacht und stringent durchgeführt werden muss. Perspektivisch muss auch über ein umfassendes aktives Management der Wolfspopulation nachgedacht und dafür ordnungsrechtliche Änderungen ergriffen werden. Die Wolfspopulation sei aufgrund der erreichten Individuenzahlen, des eher geringen Inzuchtrisikos und des aktuell exponentiellen Populationswachstums nicht gefährdet, argumentieren sie. Einfachere Lösungen seien nicht in Sicht oder rechtlich noch nicht möglich, betont Schoof.

Zudem schlagen die Forschenden in ihrer Studie vor, dass zum einen alle erforderlichen Herdenschutzmaßnahmen vollumfänglich gefördert werden sollen. „Zum anderen könnte eine bessere finanzielle Förderung der wirtschaftlich oft unattraktiven Weidetierhaltung etwas zur Mäßigung bei den bestehenden Konflikten beitragen“, sagen Schoof und Jedicke. „Dadurch würde den Halterinnen und Haltern von Weidetieren deutlich gezeigt werden, dass sie wichtige Partnerinnen und Partner sind, wenn es darum geht, praktischen Naturschutz umzusetzen.“ Die Agrarförderpolitik zählt ebenfalls zu den Arbeitsschwerpunkten der beiden Forscher in Freiburg und Geisenheim.

Originalpublikation:

Schoof, N., Reif, A., Luick, R., Jedicke, E., Kämmer, G., Metzner, J. (2021): Der Wolf in Deutschland. Herausforderungen für weidebasierte Tierhaltungen und den praktischen Naturschutz. In: Naturschutz und Landschaftsplanung 53 (1), 2021. DOI: 10.1399/NuL.2021.01.01

Kontakt:

Prof. Dr. Eckhard Jedicke
Institut für Landschaftsplanung und Naturschutz & Kompetenzzentrum Kulturlandschaft (KULT)
Hochschule Geisenheim University
Tel.: 0173/901 66 15
eckhard.jedicke(at)hs-gm.de

Nicolas Schoof
Professur für Standorts- und Vegetationskunde
Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0176/61817226
nicolas.schoof(at)waldbau.uni-freiburg.de

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