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Die „Italienisierung“ der Dörfer: Landschaftsforschung gemeinsam mit der Ukraine und Rumänien

Teilnehmende des Workshops in Suceava, Rumänien, v.l.n.r.: Serhij Lukanjuk, Andrii Terebukh, Martin Reiss, Oksana Matiychuk, Miroslava Gaba, Mariana Senkiv, Carmen Chasovschi, Natalia Andrusiak, Jörn Schultheiß, Stefan Purici Foto: Stefan cel Mare University of Suceava (09.06.2023)

Landschaftswandel durch importierte Baustile: Geisenheim bereitet eine neue Forschungskooperation mit Partner-Universitäten in der Ukraine und Rumänien vor. Am 09.06.2023 fand dazu in Suceava (Rumänien) ein erster gemeinsamer ukrainisch-rumänisch-deutscher Workshop zur Entwicklung von Kulturlandschaften für die künftige Forschungszusammenarbeit statt.

Organisiert wurde das Treffen durch das Kompetenzzentrum Kulturlandschaft der Hochschule Geisenheim, vertreten durch Dr. Martin Reiss und Dr. Jörn Schultheiß. Gastgeber war der Vizedirektor Prof. Dr. Stefan Purici, Stefan cel Mare University of Suceava. Wissenschaftler:innen von vier Hochschulen nahmen teil:

Ukraine:

  • Nationale Polytechnische Universität Lwiw
  • Nationale Jurij-Fedkowytsch-Universität Czernowitz

Rumänien:

  • Stefan cel Mare University of Suceava

Deutschland:

  • Hochschule Geisenheim University

Ziel des Workshops war es, die bestehenden Kooperationen mit den ukrainischen Universitäten zu vertiefen und dabei eine neue Zusammenarbeit in Lehre und Forschung aufzubauen. Im Fokus stand die Entwicklung einer Vision und eines Rahmenthemas für ein gemeinsames Forschungsprojekt. Die Wissenschaftler:innen stellten ihre laufenden Projekte gemeinsame Handlungsfelder. Neben fachlich-inhaltlichen Gemeinsamkeiten zu Themen der Entwicklung von Kulturlandschaften und dem Erhalt des kulturellen Erbes zeigten sich vor allem Berührungspunkte zum Wissenstransfer, der Präsentation von Kulturlandschaften für die Öffentlichkeit, die Aufbereitung für die Bildungsarbeit, der Einbeziehung von Studierenden in Projekte sowie der Bereitstellung von Anwendungen und Beratung für Verwaltungen und zivilgesellschaftliche Akteure.

Das Rahmenthema, zu dem in Zukunft alle potenziellen Projektpartner eigene Arbeitspakete beizusteuern könnten, wird die Kulturlandschaft im Wandel sein: die Transformation in der Gesellschaft und im Verhalten der Menschen (Cultural Landscape in Change: Transformation in Society and People Behavior). Hierzu sollen räumlich konkrete Fallstudien in der Bukovina und in Galizien durchgeführt werden. Der Ansatz hinter der Forschung ist, dass Menschen mit ihren nutzenden Tätigkeiten Landschaften erzeugen (People produce Landscape). In der heutigen Kulturlandschaft von Bukovina und Galizien ist es vor allem eine spezifische sozio-ökonomische Komponente ausschlaggebend: Ein Teil der Bevölkerung – vor allem junge Arbeitskräfte – migriert temporär in andere europäische Länder (bspw. nach Italien, Deutschland und Spanien), um dort besser ein Einkommen erzielen zu können. Mit ihrer Rückkehr in die Bukovina und nach Galizien nehmen diese Menschen neue Erfahrungen und Eindrücke zur baulichen Gestaltung ihrer Häuser mit. Das führt zusehends zu einer markanten Veränderung der historisch gewachsenen Ortbilder: einer „Italienisierung der Dörfer“. Teilweise gefährdet diese Entwicklung sogar den Fortbestand eines Status als UNESCO-Kulturerbe. Dieser weitestgehend unerforschte Zusammenhang und Auswirkungen auf die Kulturlandschaft soll in einem gemeinsamen Forschungsprojekt untersucht werden, um daraus praktische Handlungsempfehlungen zur Entwicklung von Dorf- und Landschaftsbildern abzuleiten. Es sollen neue Methoden der Digitalisierung, wie 3D-Laserscan und die Bereitstellung von Informationen durch WebGIS, zum Einsatz kommen.

Kategorien: Landschaftsarchitektur, Kompetenzzentrum Kulturlandschaft, Landschaftsarchitektur (M.Sc.), Landschaftsarchitektur (B.Eng.), Landschaftsplanung und Naturschutz

Bilderreihe

Lage der kooperierenden Hochschulstädte in Europa. Skizze: M. Reiss