Immer häufiger wird die Verwendung von heimischen und gar gebietsheimischen Pflanzen thematisiert. Doch was hat es damit auf sich? Sind nun alle anderen Pflanzen die "Bösen"?
Angelegt wurde dieses Beet im Frühjahr 2022 von der Professur Pflanzenverwendung in Zusammenarbeit mit dem Parkpflegeteam. Bereits ein Jahr zuvor wurde gebietsheimische Saatgut bezogen und in den Gewächshäusern der Hochschule Geisenheim University angezogen. Aus unterschiedlichen Gründen keimte nicht jedes Saatgut zuverlässig, daher haben wir uns, als die Pflanzung näher rückte, nach einer Gärtnerei gesucht, die heimisches Pflanzugut anbietet um einige Arten zu ergänzen.
Beraten hat uns die hiesige Professur für Biodiversität und Ökosystemfunktionen, die sich mit den Auswirkungen des globalen Wandels auf Arten und Lebensräume, dem Schutz, der Wiederherstellung und nachhaltige Nutzung der Biodiversität sowie die Bedeutung der Biodiversität für Ökosystemleistungen beschäftigt.
Die Lebewesen werden EU-weit in zwei Kategorien unterteilt: einheimische und fremde Arten. Einheimische, auch indigene, Arten kommen in einer Region (z.B. Deutschland) natürlich vor oder sind eigenständig, ohne Zutun des Menschen eingewandert und haben sich dort etabliert. Fremde Arten sind absichtlich oder zufällig durch den Menschen eingebracht worden. Hierbei handelt es sich natürlich um Nutz- und Zierpflanzen, die ganz gezielt importiert wurden und werden. Es gibt aber auch "Blinde Passagiere", die z.B. mit Waren, Saatgütern mitreisen. Bei den fremden Pflanzenarten hängt es stark vom Zeitpunkt ab an dem sie eingebracht wurden. Sind Arten vor oder 1492, also der Wiederentdeckung Amerikas, eingebracht worden nennt man sie "Archäophyten", diese sind in unsere Ökosysteme weitestgehend etabliert. Nach 1492 nennt man sie "Neophyten", auch hier gibt es einige etablierte Arten doch auch viele unbeständige. Gefährlich wird es bei Neophyten die sich in unseren Naturräumen ausbreiten und somit die heimischen Ökosysteme angreifen. Wenn das passiert nennt man sie "invasiv"
Diese Einteilungen sollen helfen, die Biodiversität, insbesondere die genetische Vielfalt zu schützen - ein wichtiges Ziel.
Der Begriff "gebietsheimisch" oder auch "gebietseigen" bezieht sich bei Pflanzen auf einheimische Arten, die in einem bestimmten Naturraum bereits lange Zeit natürlich vorkommen. Die meisten Pflanzen kommen an vielen Orten in Deutschland vor. Doch aufgrund der unterschiedlichen Standortbedingungen (Boden, Wasserhaushalt Lage) die dort herrschen, können sich die Arten genetisch unterscheiden. So entsteht eine große innerartliche Vielfalt, die in einem Gleichgewicht aus Anpassung und Abweichung steht.
Es ist also besonders wichtig, dass in der freien Natur auch nur Arten ausgebracht werden, die ihren genetischen Ursprung in dieser bestimmten Region haben, dies ist sogar in einigen Gesetzen wie z.B. dem Bundesnaturschutzgesetz oder dem Forstvermehrungsgesetz verankert (entspr. §40 Absatz 4 und §7 Absatz 2 Nr. 8 BNatSchG). Bei Pflanzungen, die heimische Arten enthalten sollen ist dieser Aspekt ein wichtiger Faktor, der bedacht werden sollte.
Die wenigen heimischen Arten, die in der modernen Pflanzenverwendung zu finden sind, sind häufig bereits auf attraktive Merkmale selektiert. Genetisch diverse Wildarten sind unberechenbar und anpassungsfähig, damit ist schwer zu planen. Natürlich ist es wünschenswert, dass die Blüte besonders groß ist oder das Erscheinungsbild zuverlässig ist. Doch durch diese Selektion kann der Genpool einer Pflanze stark verarmen. Es besteht die Gefahr, dass dieser verarmte Genpool in lokale Wildarten-Populationen einkreuzt und dort Schaden anrichtet. Ähnliche Probleme können auftreten, wenn die Pflanzen ursprünglich nicht aus dem Gebiet stammen, in das sie hinein gepflanzt werden. Daher gibt es inzwischen für naturnahe Pflanzungen und Anpflanzungen in der freien Landschaft zertifiziertes Saatgut. Zertifiziertes Pflanzgut ist im Bereich der Gehölze bereits vorhanden, doch es gibt bisher noch wenige Gärtnereien, die sich auf gebietsheimische Stauden, Gräser, Farne und Zwiebelgewächse spezialisiert haben.
Zur Unterstützung bei der Planung mit gebietsheimischen Pflanzen gibt es einige Hilfsmittel wie z.B. die Website Floraweb des BfN oder auch Atlanten mit Verbreitungskarten. Bei Saat- und Pflanzgut- Händlern gibt es verschiedene Kategorien mit Herkunftsgebieten, die entsprechend der eigenen Region ausgewählt werden können. So können lokale Ökosysteme geschützt werden.
Heimische Pflanzen, besonders wenn sie gebietsheimisch sind, kennen das lokale Mikroklima und können in der selben Region verwendet einen Vorteil haben. Dies gilt natürlich nur, wenn sie auch standortgerecht verwendet werden. Stammt eine Pflanze aus den Rheinauen, so wird sie - heimisch hin oder her - nicht gut im trockenen, heißen Straßenbegleitgrün wachsen. Heimische Wildarten können, sofern nicht zu sehr selektiert, auch durch ihre Anpassungsfähigkeit und Flexibilität punkten. Dies funktioniert gut, wenn Gesamterscheinung und Pflanzenstandort nicht so wichtig sind, sondern das Pflanzbild eine natürliche "Unordnung" aufweisen darf.
Doch kann nicht pauschal gesagt werden, dass diese Arten "besser" sind. Sie sind Teil unserer regionalen Flora und können genutzt werden um in Zeiten abnehmender Biodiversität und natürlicher Lebensräume einen genetischen und ökologischen Trittstein im urbanen Raum zu bilden.
Diese Pflanzung besteht aus gebietsheimischen Pflanzenarten, die ihre volle innerartliche Diversität ausleben dürfen. Beobachtet wird, ob sich mit den möglichen Schwankungen des Erscheinungsbildes oder der Art wie diese Pflanzen wachsen ein geordnetes und attraktives Pflanzbeet erzeugen lässt. Beobachten lässt sich z.B. eine intensivere Reaktion der Pflanzen auf Wetterschwankungen. Sie verhalten sich nicht so berechenbar, sondern so, wie sie an diesem Standort gut überleben. Ein nicht so attraktive aber pragmatische Überlebensstrategie. Solche Verhaltensweisen sind bei stark veränderten Züchtungen seltener zu beobachten.
Generell stellt sich die Frage, ob auch etwas wildere, heimische Arten oder gar geschützte Arten in geeignete Pflanzungen integriert werden können, um Bestände zu erhalten und zu entwickeln.
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