FACE (Free Air Carbon Dioxide (CO2) Enrichment)

Die Geisenheimer FACE-Experimente: Ein Ausblick in unsere atmosphärische Zukunft

  • In den Geisenheimer FACE-Anlagen für Spezialkulturen werden die Auswirkungen zukünftiger erhöhter Kohlenstoffdioxid-Konzentrationen auf Anbau, Physiologie, Schaderregerbefall und die Produktqualität (u. a. Inhaltsstoffe) von Weinreben und Gemüsekulturen untersucht.
    • In der FACE-Anlage für Reben werden die Rebsorten Riesling und Cabernet Sauvignon angebaut.
    • In der FACE-Anlage für Gemüse werden die Kulturpflanzen Spinat, Radies und Gurke untersucht, unter voller und reduzierter Bewässerung.
  • In verschiedenen Teilprojekten werden die Emission von Treibhausgasen aus dem Boden, die Physiologie und der Ertrag, die Interaktionen zwischen Pflanzen und Schaderregern sowie Veränderungen in den Inhaltsstoffen und der Produktqualität von Reben und Gemüse unter erhöhten CO2-Konzentrationen untersucht.

Aktuelles

Wie riecht die Zukunft für Pflanzenschädlinge? Einfluss des Klimawandels auf Pheromone und Pflanzenduftstoffe im Wein- und Obstbau

Duftstoffsammlung an Weinreben in der Geisenheimer Free-Air Carbon dioxide Enrichment (FACE)-Anlage © Julius Kühn Institut für Pflanzenschutz im Obst- und Weinbau in Dossenheim

Im Projekt KlimaKom untersuchten Forschende der Hochschule Geisenheim und des JKI Dossenheim bis Ende 2021 den Einfluss des Klimawandels auf derzeitige Verfahren im Pflanzenschutz, die sich die Wirkweise von Infochemikalien zunutze machen. Diese Chemikalien dienen der Kommunikation zwischen den Schädlingen beziehungsweise zwischen den Schädlingen und ihren Wirtspflanzen. Der biotechnologische Pflanzenschutz mittels flüchtiger Infochemikalien ist selektiv und effizient und somit ein sehr wichtiger Baustein des integrierten Pflanzenschutzes. Ein erfolgreiches Beispiel ist der Einsatz von Sexualpheromonen von Traubenwicklern im Rahmen der „Verwirrmethode“ im Weinbau.

Der bekreuzte Traubenwickler (Lobesia botrana), eines der wichtigsten Schadinsekten im Weinbau, ist dank der Verwirrmethode in Deutschland momentan gut unter Kontrolle, was wiederum den Einsatz von Insektiziden im Weinberg massiv verringert hat. Traubenwickler-Männchen folgen im Weinberg einer Duftspur aus Sexualpheromonen, um Weibchen zu finden und sich zu paaren. Bei der Verwirrmethode werden künstliche hergestellte Pheromone großflächig im Weinberg ausgebracht und überdecken die echten Duftspuren. So finden die Männchen nur noch selten Weibchen und eine Paarung findet kaum statt. Aber wird die Methode auch unter zukünftigen klimatischen Bedingungen erfolgreich sein? Im Projekt untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ob erhöhte Temperaturen, Ozon- und Kohlendioxid (CO2)-Konzentrationen die Physiologie der Traubenwickler so beeinflussen können, dass sich zukünftig ihre Produktion oder die Wahrnehmung verändert und damit die Verwirrmethode eventuell weniger erfolgreich wäre.

Die Versuche zeigten, dass dies vor allem in Bezug auf erhöhte Temperaturen und Ozonkonzentrationen der Fall ist, während sich ähnliche Effekte unter erhöhter CO2-Konzentration nicht zeigten. Freilandversuche, in denen verschiedene Klimafaktoren gemeinsam geprüft werden, sind ein nun nächster Schritt, um die Klimawandelfestigkeit der Verwirrmethode sicherzustellen.  

Wie viele andere Insekten orientieren sich Traubenwickler an Duftstoffen, die von ihren Wirtspflanzen freigesetzt werden, um diese zu finden. Dies gilt auch für den Birnblattsauger (Cacopsylla pyri), der Krankheiten an Birnbäumen übertragen kann, und ebenfalls Teil des KlimaKom-Projekts war. Versuche zeigten, dass erhöhte CO2-Konzentrationen zwar zu Veränderungen im Duftstoff-Bouquet von Weinreben sowie Birnbäumen führen können. Dies hat die Präferenz von Birnblattsaugern aber nicht und die Präferenz von Traubenwicklern kaum beeinflusst. Erhöhte Ozonkonzentrationen veränderten das Duftstoffbouquet von Birnbäumen ebenfalls und führten sogar dazu, dass Birnblattsauger die exponierten Bäume mieden. Waren die Insekten selbst höheren Ozonkonzentrationen ausgesetzt, verringerte das zusätzlich ihre Wahrnehmung der Duftstoffe. Zukünftige erhöhte Ozonkonzentrationen können also die Wirtsfindung beeinflussen. Aber wie wird sich das im Zusammenspiel mit erhöhten Temperaturen auswirken? Hier herrscht noch Forschungsbedarf.

Auch bezüglich der Auffindung der Wirtspflanzen zeigte sich also, dass erhöhte Temperaturen und Ozonkonzentrationen großen Einfluss auf die Kommunikation mittels Infochemikalien und deren Einsatz im Pflanzenschutz haben können, während der Einfluss erhöhter CO2-Konzentrationen geringer ausfiel. Diese Ergebnisse dienen der Entwicklung und Verbesserung innovativer Bekämpfungsmaßnahmen von Schaderregern. Um eine möglichst realistische Prognose machen zu können, müssen allerdings nicht nur einzelne klimarelevante Faktoren untersucht werden, sondern die Interaktionen mehrerer Klimafaktoren in komplexen, praxisnahen Freilandversuchen in Kombination untersucht werden.

Das Projekt KlimaKom war ein Verbundvorhaben des Fachgebiets Angewandte Chemische Ökologie des Julius-Kühn Instituts für Pflanzenschutz im Obst- und Weinbau in Dossenheim und des Instituts für Phytomedizin der Hochschule Geisenheim, gefördert durch das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung. Es lief von 2018 bis Ende 2021. In diesem Rahmen kombinierten Forschende Freiland- und Laborexperimente, indem sie die Geisenheimer Free Air Carbon dioxide Enrichment (FACE)-Anlage im Weinberg sowie die Dossenheimer Windtunnel und Gaschromatografie-Elektroantennografie-Anlagen nutzten. Zusätzlich wurde der Einfluss erhöhter atmosphärischer Ozonkonzentration untersucht.

Kategorien: Phytomedizin, Nachrichten

Bilderreihe

Duftstoffsammlung an Birnbaum in der Geisenheimer Free-Air Carbon dioxide Enrichment (FACE)-Anlage © Julius Kühn Institut für Pflanzenschutz im Obst- und Weinbau in Dossenheim
Equipment zur Duftstoffsammlung an Weinreben in der Geisenheimer Free-Air Carbon dioxide Enrichment (FACE)-Anlage © Julius Kühn Institut für Pflanzenschutz im Obst- und Weinbau in Dossenheim
Versuchsaufbau zur Wirkung der Verwirrmethode beim Bekreuzten Traubenwickler Lobesia botrana unter normaler und erhöhter Kohlenstoffdioxid-Konzentration in den FACE-Ringen. Zu sehen ist ein Flugkäfig, in dem eine pheromonbestückte Delta-Falle angebracht ist. © Julius Kühn Institut für Pflanzenschutz im Obst- und Weinbau in Dossenheim
FACE

Ziel ist es, eine weltweit einmalige Freiland-Forschungsinfrastruktur mit den Partnern der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Philipps-Universität Marburg, des Max-Planck-Instituts für terrestrische Mikrobiologie (Marburg) sowie des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie (HLUG) aufzubauen.
Das Land Hessen unterstützt dieses Vorhaben im Rahmen des Forschungsförderprogramms LOEWE, ein Programm zur Förderung von Exzellenzforschung.

Ansprechpartner/-innen

Hans Reiner Schultz
Prof. Dr. Hans Reiner Schultz
Gebäude 5901
Raum 117
Tel. +49 6722 502 201
Hans.Reiner.Schultz(at)hs-gm.de Details
Claudia Kammann
Prof. Dr. Claudia Kammann
Gebäude 6101
Raum 00.04
Tel. +49 6722 502 755
Claudia.Kammann(at)hs-gm.de Details
Manfred Stoll
Prof. Dr. Manfred Stoll
Gebäude 6205
Raum 302
Tel. über +49 6722 502 141
Manfred.Stoll(at)hs-gm.de Details
Katrin Kahlen
Prof. Dr. Katrin Kahlen
Gebäude 6101
Raum 00.03
Tel. +49 6722 502 582
Katrin.Kahlen(at)hs-gm.de Details
Annette Reineke
Prof. Dr. Annette Reineke
Gebäude 6120
Raum 01.56
Tel. über +49 6722 502 411
Annette.Reineke(at)hs-gm.de Details
Susanne Tittmann
Dr. Susanne Tittmann
Gebäude 6205
Raum 210
Tel. über +49 6722 502 146
Susanne.Tittmann(at)hs-gm.de Details
Yvette Wohlfahrt
Dr. Yvette Wohlfahrt
Gebäude 6205
Raum 300
Tel. +49 6722 502 144
Yvette.Wohlfahrt(at)hs-gm.de Details
Jana Zinkernagel
Prof. Dr. Jana Zinkernagel
Gebäude 1000
Raum 102
Tel. über +49 6722 502 511
Jana.Zinkernagel(at)hs-gm.de Details

weitere Informationen zum Projekt

Treibhausgasemissionen

In diesem Arbeitspaket werden Emissionen klimarelevanter Treibhausgase (THG: N2O, CO2, CH4) aus wein- und gartenbaulich genutzten Böden unter erhöhten CO2-Konzentrationen untersucht. Zudem sollen Auswirkungen von Bodenbearbeitung, Bewässerung, Düngung und Extremereignissen wie Starkregen auf Stärke und Zusammensetzung der THG-Emissionen erfasst werden. Zur Datenerhebung werden Gasanalysen mittels photoakustischer Spektroskopie durchgeführt. Erfasste Daten und Begleitdaten sollen anschließend zur Weiterentwicklung von Ökosystemmodellen eingesetzt werden.

Physiologie und Qualität - Reben

An den Rebsorten Riesling und Cabernet Sauvignon soll der Einfluss von erhöhten CO2-Konzentrationen auf die Phänologie und auf physiologische Prozesse der Rebe sowie die Frucht- und Inhaltsstoffentwicklung untersucht werden. Über den Verlauf der Vegetationsperiode wird der physiologische Zustand der Reben mittels nicht invasiver Messungen des Gaswechsels sowie der Chlorophyllfluoreszenz erfasst. Neben der Erhebung von Ertragsparametern werden Quantität und Qualität von Beeren- sowie Weininhaltsstoffen analysiert.

Populationsdynamik, Phänologie und Ertrag - Gemüse

In diesem Teilprojekt werden die Auswirkungen von erhöhten atmosphärischen CO2-Konzentrationen in Kombination mit Wasserstress auf Phänologie und Ertragsleistung von Feldgemüse untersucht. Ziel ist die Analyse der Interaktion der untersuchten Umweltfaktoren auf Wassernutzungseffizienz und Ertragsbildungsprozesse anhand (1) experimentell erhobener Daten und (2) eines Modellansatzes, der Pflanzenarchitektur- und Wachstumsmodelle koppelt.

Inhaltsstoffe und Produktqualität - Gemüse

Im Rahmen dieses Teilprojekts werden die Auswirkungen erhöhter atmosphärischer CO2-Konzentrationen und reduziertem Wasserangebot auf die Produktqualität von Feldgemüse (Spinat, Radies und Einlegegurken) untersucht. Hierbei werden zudem bedeutende Inhaltsstoffgruppen (z. B. Mineralstoffe, Phenole) hinsichtlich Veränderungen in ihrer Zusammensetzung und Konzentration analysiert. Weiterhin sind Experimente zur Sensorik und Festigkeit der Ernteprodukte geplant.

Rebe-Schaderreger-Interaktionen

In diesem Teilprojekt werden mögliche Auswirkungen erhöhter CO2-Konzentration auf die Wechselwirkungen zwischen Reben und zwei wirtschaftlich wichtigen Schaderregern untersucht (Plasmopara viticola, Erreger des Falschen Mehltaus; Lobesia botrana, Bekreuzter Traubenwickler). Hierzu werden Daten zur Entwicklungsbiologie bzw. Pathogenese der Schaderreger und zu Veränderungen von Schaderreger-relevanten anatomischen Merkmalen der Rebe erfasst. Auf molekularer Ebene werden zudem Veränderungen in der Expressionsstärke relevanter Abwehrgene der Wirtspflanze analysiert.

Stickstoff-Effizienz bei Reben

Unter erhöhten CO2-Konzentrationen kann die Weinqualität maßgeblich durch Veränderungen des N-Haushaltes im Boden sowie durch Aufnahme, Transport und Speicherung stickstoffhaltiger Verbindungen in der Pflanze beeinflusst werden. In diesem Arbeitspaket werden mögliche Strategien für eine zukünftige Stickstoffversorgung der Rebe entwickelt, um negative Folgen erhöhter CO2-Konzentrationen zu kompensieren. Hierzu wird u. a. die qualitative Zusammensetzung von Aminosäuren in generativen und vegetativen Teilen der Rebe sowie Veränderungen in der Aktivität bestimmter Enzyme in der Rebe untersucht.

Oktober 2017: Einblicke in eine CO2-reiche Zukunft: Ergebnis-Highlights des LOEWE FACE2FACE Projekts

Klimaschutzministerin Priska Hinz eröffnet die Abschlussveranstaltung des kooperativen Forschungsprojekts FACE2FACE an der Hochschule Geisenheim

FACE2FACE ist ein Forschungsprojekt, das im Rahmen der hessischen Exzellenz-Initiative LOEWE gefördert wird. Dabei werden Pflanzen in Freiluftversuchen kontrolliert einem erhöhten Kohlendioxid (CO2) ausgesetzt. Dies soll den durch den Klimawandel bedingten steigenden CO2-Anteil simulieren. Weltweit existieren nur etwa 20 der sehr komplexen FACE-Anlagen. Dem hessischen FACE2FACE-Forschungsverbund mit insgesamt drei Anlagen in Gießen und Geisenheim kommt damit auch international eine herausragende Bedeutung zu. Besonders hervorzuheben ist die intensive Zusammenarbeit aller hessischen Akteure: die Justus-Liebig-Universität Gießen, die Hochschule Geisenheim University, die Phillips-Universität Marburg, das Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in Marburg und das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie in Wiesbaden.

Innerhalb des LOEWE-Schwerpunkts FACE2FACE wurden seit Januar 2014 bis Herbst 2017 relevante hessische Agrarökosysteme (Gießen: Grünland; Geisenheim: Weinbau, Feldgemüsebau) im Freiland unter Bedingungen des Klimawandels untersucht. Besonderes Augenmerk galt dem Einfluss steigender atmosphärischer CO2-Konzentrationen, wie sie für die Mitte dieses Jahrhunderts erwartet werden. Seit Beginn der Industrialisierung ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre bereits von 280 ppm (ppm = parts per million, Teile pro Million) auf einen Wert von über 400 ppm angestiegen. Bis Mitte des Jahrhunderts werden es wahrscheinlich bereits 480 ppm sein. Selbst der heutige Wert von 400 ppm wurde in den letzten eine Million Jahren nie erreicht. Kohlendioxid ist aber nicht nur ein potentes Treibhausgas, sondern wird z. B. mittels Photosynthese von Pflanzen fixiert, dient Pflanzen somit zum Wachstum und hat vielfältige andere Auswirkungen.

Zur Erhöhung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre wurden an beiden Standorten sogenannte FACE-Systeme genutzt. „FACE“ steht für „Free Air CO2 Enrichment“ (Freiland-CO2-Anreicherung). Die Anlagen in Geisenheim und Gießen haben jeweils einen Durchmesser von 8 Metern im Gießener Grünland (GiFACE oder Giessen Grassland FACE; CO2-Freisetzung seit 1998) bzw. 12 Metern im Ökosystem Weinberg (Vinyard FACE in Geisenheim, CO2-Freisetzung seit 2014) und bei Feldgemüse, wobei die Feldgemüseanlage noch nicht betriebsbereit ist. An jedem Standort wurden je drei solcher kreisförmigen Flächen unter erhöhtes CO2 gesetzt, während drei genau gleich gestaltete Flächen als Kontrollen dienten. Der Fokus von FACE2FACE lag auf den Untersuchungen zu den Auswirkungen, Mechanismen und Rückkopplungseffekten erhöhter CO2-Konzentrationen und anderer klimatischer Variablen im Zuge des Klimawandels wie Wassermangel oder Erwärmung auf die Emissionen klimarelevanter Spurengase aus dem Boden, mikrobiellen Veränderungen im Boden und auf der Pflanzenoberfläche, Auswirkungen auf tierische und pilzliche Schaderreger sowie physiologische und inhaltsstoffliche Reaktionen der untersuchten landwirtschaftlichen Kulturen.

Die Forscher des FACE2FACE Projekts erzielten zahlreiche spannende Einblicke in die „black box“ unserer CO2-reicheren Zukunft. Einige Ergebnisse entsprachen den vorab formulierten Hypothesen, andere waren überraschend und ganz anders als erwartet.

Im Gießener Grünland:

  1. Die erhöhten CO2-Konzentrationen steigerten wie erwartet den oberirdischen Biomasseertrag im Schnitt um 15 Prozent. Unerwartet war, dass der CO2-Düngeeffekt vornehmlich dann auftrat, wenn es weder zu heiß und zu trocken, noch zu nass und zu kalt war. Bisher galt eher die Annahme, dass die erhöhten CO2-Konzentrationen helfen würden, Trockenperioden und Hitzewellen besser zu überstehen.
  2. Während die Artenvielfalt des Grünlands weder positiv noch negativ von erhöhtem CO2 beeinflusst wurde, ergab sich bei der Samenbank im Boden in den obersten 10 Zentimetern des Bodens eine erhöhte Samendichte; es profitierten vor allem die Arten mit generativer (nicht vegetativer) Vermehrung und solche, deren Samen lange Zeit überdauern können. Auch das mikrobielle Leben auf den Blattoberflächen der Haupt-Bestandsbildenden Arten im Grünland änderte sich.
  3. Ein noch ungelöstes Rätsel ist eine leichte, aber systematische Veränderung der Bodentemperaturen im Grünland unter erhöhtem CO2: Im Sommer sind die Bodentemperaturen unter erhöhtem CO2 verhältnismäßig kühler und im Winter etwas wärmer als in den Kontrollböden.
  4. Eher negative Effekte der gesteigerten CO2-Konzentration fanden sich auf der Seite des Elements Stickstoff, einem wichtigen Pflanzennährstoff. Wie es durch erhöhtes CO2 zu erwarten ist, sank im Grünland die Konzentration dieses wichtigen Nährstoffs im Pflanzengewebe, und somit verschlechterte sich auch die Futtermittelqualität z. B. für Wiederkäuer; der Rohproteingehalt sank. Theoretisch müsste ein Wiederkäuer mehr fressen, um den gleichen Nährwert zu erhalten, was zu höheren Methanemissionen führen könnte (dies wurde aber im Projekt nicht untersucht).
  5. Im Grünland-Boden veränderten sich unter erhöhtem CO2 mikrobielle Prozesse: Die Abgabe des starken Treibhausgases Lachgas (N2O) verdoppelte sich über die Laufzeit des Experiments. Die beteiligten Forscherinnen und Forscher stellten fest, dass es zu Veränderungen in der mikrobiellen Lebensgemeinschaft im Bereich der Wurzelumgebung, aber auch im Boden insgesamt kam.
  6. Insgesamt tragen die gesteigerten Lachgasemissionen, die Abschwächung des CO2-Düngeeffekts unter klimatischen Extrembedingungen und auch die relativ wärmeren Bodentemperaturen im Winter, die den Abbau von Bodenhumus begünstigen könnten, zu den gefürchteten, sich selbst verstärkenden Rückkopplungsmechanismen bei: Die steigenden CO2-Konzentrationen setzten im Grünland Veränderungen in Gang, die „automatisch“ zu weiteren Treibhausgasemissionen führten und damit zu weiterer Erwärmung. Das „mehr an Ertrag“ führt also nicht automatisch zu einem Entzug von CO2 aus der Atmosphäre.

Das Geisenheimer Weinberg-FACE Experiment:

  1. Das Geisenheimer Experiment läuft erst seit 2014; daher stammt der erste Jahrgang, bei dem auch die Blütenanlagen schon unter erhöhtem CO2 gebildet wurden, aus dem Jahr 2015. In den Ringflächen werden zwei Rebsorten angebaut: Riesling, die für den Rheingau und Deutschland insgesamt bedeutendste Weißweinsorte, und Cabernet Sauvignon, die weltweit zweit- bis dritthäufigste Rotweinsorte. Seit Beginn des Experiments waren die ersten Jahre fast durchweg „Extremjahre“, was die klimatischen Bedingungen anging: Das Jahr 2015 war das wärmste in Deutschland und auch in Geisenheim seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Das Jahr 2016 hingegen wies im ersten Halbjahr die höchste je am Standort gemessene Niederschlagsumme (Januar bis Juni) seit 1885 auf, was eine Verallgemeinerung der Ergebnisse nicht erlaubt.
  2. Die phänologische Entwicklung beider Rebsorten wurde durch erhöhtes CO2 in den Jahren 2014 bis 2017 nicht beeinflusst. Die Photosynthese der Blätter und die Biomasseproduktion waren hingegen, wie erwartet, in allen Vegetationsperioden (2014 bis 2017) bei beiden Rebsorten signifikant gesteigert. Konträr zur bisherigen Literatur war die Transpiration (Wasserverbrauch) für beide Rebsorten unter erhöhtem CO2 gesteigert. Die Wassernutzungseffizienz (Verhältnis Photosynthese zu Transpiration) war trotzdem unter erhöhtem CO2 für beide Rebsorten gesteigert.
  3. Beide Sorten zeigten bisher für die Jahre 2014, 2015 und 2016 einen erhöhten Einzelstock-Traubenertrag unter erhöhtem CO2. Während die Anzahl der Trauben pro Stock nicht stieg, veränderte sich vor allem die Traubenstruktur. Länge und Breite des Stilgerüsts waren gesteigert, ebenso das Traubengewicht und die Beerenanzahl. Zudem nahm der Anteil größerer Beeren zu.
  4. Die Zuckereinlagerung wurde bei beiden Rebsorten während der Reifephasen nur geringfügig durch eine erhöhte CO2-Konzentration beeinflusst. In 2015 waren die Äpfelsäuregehalte in den Riesling-Mosten unter erhöhtem CO2 erhöht. Ansonsten führte erhöhtes CO2 bisher bei keinem der qualitätsgebendenInhaltsstoffe zu signifikant qualitätsmindernden Unterschieden in den Mosten beider Rebsorten.
  5. Um die Einflüsse auf die Weinqualität abzuschätzen, muss das Experiment noch einige Jahre laufen.  Bisher gab es keine Unterschiede.
  6. Im Geisenheimer Weinberg-FACE wurden auch die Interaktionen zwischen Reben unter erhöhtem und aktuellem CO2 und dem pilzlichen Schaderreger Plasmophara viticola(Falscher Mehltau) und dem Schadinsekt Lobesia botrana(Bekreuzter Traubenwickler) untersucht. Z. B. reagieren Reben auf eine Infektion mit Falschem Mehltauunter erhöhtem CO2 mit einer signifikant höheren Genexpression als unter aktuellem CO2. Die Mehrzahl dieser beobachteten Reaktionen ist an Stoffwechselwegen beteiligt, die bei der Synthese von pflanzlichen Sekundärmetaboliten oder in Abwehrreaktionen eine wichtige Rolle spielen (z. B. Stilbene oder Zellwandproteine). Traubenwickler-Populationen adaptieren sich physiologisch an höhere CO2-Konzentrationen und zeigen nach mehreren Generationen unter erhöhtem CO2 Veränderungen in ihrer Entwicklungsbiologie.
  7. Bisher zeigte sich in Weinbergböden unter erhöhtem CO2keine Steigerung der Lachgasemissionen wie im Grünland in Gießen.

Bei Feldgemüse (Spinat, Radieschen, Gurken) konnten die Experimente nur sehr eingeschränkt durchgeführt werden. Hier lag der Fokus auf den Reaktionen gegenüber einem veränderten Wasserangebot ohne Auswirkungen einer erhöhten CO2-Konzentration. Hierzeigte bereits eine leichte Reduzierung des Wasserangebots signifikante Auswirkungen auf die Gehalte an ausgewählten wertgebenden Inhaltsstoffen, bezogen auf die Trockenmasse, wie z.B. Äpfelsäure und Phosphor.


Bildergalerie

Im Vordergrund ist eine Rebe, im Hintergrund die Forschungsanlage FACE zu sehen. © Hochschschule Geisenheim