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Neuntes BDO-Web-Seminar zu Herausforderungen der Betriebsnachfolge bei Weingütern

Bildquelle: Hochschule Geisenheim/pps-studios.com

Gelungener Rundumschlag gab einen ersten Einblick auf die Vielzahl an Herausforderungen der Betriebsnachfolge

Pünktlich um 18 Uhr begrüßte der Präsident des Bund deutscher Oenologen (BDO) Prof. Dr. Erik Schweickert am 25. März 2021 die über 120 Teilnehmenden des neunten BDO-Web-Seminars, das dieses Mal unter dem Titel „Betriebsnachfolge – Vielschichtige Herausforderung“ stand. Schweickert betonte die Wichtigkeit der Betriebsnachfolge, die oft als eine der größten unternehmerischen Herausforderungen bezeichnet wird, für die deutsche Weinbranche. Auf Initiative von Prof. Dr. Jon Hanf, Professor für Internationales Marketing Management an der Hochschule Geisenheim, wurde dieses Web-Seminar als Kooperationsveranstaltung des BDO, der Hochschule Geisenheim und der Gründungsfabrik Rheingau durchgeführt. Dank des Sponsorings der Gründungsfabrik Rheingau war die Teilnahme am Web-Seminar für alle Teilnehmenden kostenlos.

Die kleine Runde der Vortragenden und Diskussionsteilnehmenden fand sich in den Räumlichkeiten der Waas.schen Fabrik, einem ehemaligen Fabrikgebäude in Geisenheim, zusammen. Dort hat die Gründungsfabrik Rheingau seit einem Jahr ihr Zuhause. Die Gründungsfabrik Rheingau – ein gemeinsames Projekt der Hochschule Geisenheim und der EBS Universität (Oestrich-Winkel) – hat sich das Sensibilisieren, Qualifizieren und Motivieren zu den Themen Gründung und Unternehmensnachfolge auf die Fahnen geschrieben. Der Präsident der Hochschule Geisenheim Prof. Dr. Hans Reiner Schultz, der die Teilnehmemenden seitens der Hochschule begrüßte, berichtete von der Förderung des Projekts durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Im Zuge dieser Förderung wurde der Hochschule Geisenheim eine entsprechende Begleitforschung zum Thema Betriebsnachfolge bei Weingütern zugesichert.

Durch den Abend führte Helena von Roeder, die seit Oktober 2020 an der Hochschule Geisenheim tätig ist und die Begleitforschung zur Betriebsnachfolge bei Weingütern durchführt. Unterstützt wurde sie von Linda Bitsch, ebenfalls wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Geisenheim, die die aufkommenden Fragen im Chat betreute.

Der erste Vortrag des Abends mit dem Titel „Einflussfaktoren der Betriebsnachfolge bei Weingütern – eine erste Erhebung“ wurde von Helena von Roeder selbst gehalten und zeigte erste Ergebnisse der Begleitforschung. In der Vorstellung einiger Ergebnisse einer ersten Umfrage zum Thema wurde unter anderem gezeigt, dass finanzielle Aspekte in der Motivation der Nachfolger eine untergeordnete Rolle spielen. Dagegen spielen Faktoren wie die Freude an der Arbeit mit und in der Natur, die Leidenschaft für Wein und auch das Verpflichtungsgefühl eine große Rolle. Im Laufe des Vortrags wurde mehrfach die Bedeutung einer guten und offenen Kommunikation aller Beteiligten genannt, die nicht nur wichtig für die Nachfolgeplanung, sondern auch für die Beziehung der Beteiligten untereinander ist. In Zukunft will die Hochschule Geisenheim weitere Formate zum Thema Betriebsnachfolge anbieten. Neben Artikeln in Fachzeitschriften sollen Veranstaltungen mit klaren Schwerpunkten stattfinden. Solche Schwerpunkte werden beispielsweise die steuerlichen Herausforderungen oder spezielle Aspekte der familienexternen Nachfolge sein.

Es folgte ein Vortrag der Rheingauer Volksbank, die als Partner vieler Winzerinnen und Winzer im Rheingau schon diverse Betriebsübernahmen begleitet hat. So konnten Christine Müller und Maximilian Bathke auf einen reichen Erfahrungsschatz zurückgreifen und über die „Stolpersteine der Nachfolge“ aus Sicht einer Bank berichten. Die Zweiteilung des Vortrags nach familieninterner und familienexterner Nachfolge verdeutlichte, dass es sich dabei um sehr unterschiedliche Prozesse handelt. Bezüglich der Übergabe im Kreis der Familie wurde erneut betont, wie wichtig ein konstruktiver Dialog - sowohl im Interesse des Betriebs, wie auch im Interesse der Beteiligten selbst - ist. Als Vorteil der familienexternen Betriebsnachfolge bezeichneten die Vortragenden den klaren Schnitt zur Neuverteilung der Verantwortlichkeiten. Allerdings stelle die zum Zeitpunkt der Übernahme meist hohe Fremdkapitalbelastung erhöhte Anforderungen an den Nachfolger. Die zahlreichen und detaillierten Fragen aus dem Publikum zeigten, dass die Begleitung der Nachfolge durch eine Bank ein essentieller Baustein einer gelungenen Übergabe ist.

Im dritten Teil des Abends gab Friedrich Keller, Weingut Franz Keller Schwarzer Adler, Einblicke in seine Sicht auf verschiedene Aspekte der Nachfolge. Er betonte, dass man als Nachfolger mit Zielstrebigkeit und Leidenschaft an die Sache herangehen sollte, außerdem brauche man ein gesundes Selbstbewusstsein für neue Ideen. Das bedeutet nicht, dass man grundsätzlich ändern sollte, was vorherige Generationen praktiziert haben. Im Gegenteil: Als Winzer, insbesondere in einem Familienbetrieb, müsse man generationsübergreifend denken und arbeiten. So war für den 30-jährigen die grundsätzliche Haltung in der Familie, den Betrieb auch für zukünftige Generationen zu erhalten, ein Grund den entsprechenden Ausbildungsweg einzuschlagen und in den Familienbetrieb einzusteigen. Für die operative Übergabe sei es hilfreich gewesen, dass er in den letzten Jahren Freiraum und Verantwortung hatte. 

Zur abschließenden Diskussion traten auf der kurzerhand umgebauten Bühne zwei neue Gesichter in die Runde. Natascha Popp von „die weinräte“ (Sankt Johann) und Erhard Heitlinger, Erhard Heitlinger weinbusinessberatung (Geisenheim), ergänzten die Runde um weitere Kompetenz zum Thema Nachfolge. Beide sind als Beratende, unter anderem zur Betriebsnachfolge, in der Weinbranche tätig. Schweickert, der per Video zugeschaltet war, gelang es durch seine lockere Diskussionsleitung, sowohl die Vorträge wie auch neue Aspekte in die Diskussion einzubinden. Popp sprach die Problematik an, dass der Betrieb zumindest eine gewisse Zeit über zwei Familien ernähren muss. Sie berichtete von pragmatischen Lösungsansätzen, die das Geschäftsmodell zeitweise um ein Lohnunternehmen erweitern. Bezüglich der individuellen Herausforderungen erläuterte sie, dass eine sensible Herausforderung – egal ob familieninterne oder familienexterne Übergabe – die aufkommenden Ängste der abgebenden Generation sei. Heitlinger machte unter anderem auf die Schwierigkeiten die sich durch bestimmte Rechtsformen ergeben können aufmerksam. Er zeigte sich auch erfreut darüber, dass die Gründungsfabrik Rheingau ein neues Kompetenzzentrum für Menschen, die sich durch Gründungen oder Nachfolgen eine Existenz aufbauen möchten, darstellt und so das bestehende Netzwerk an externen Hilfestellungen zum Thema Nachfolge ergänzt.

Der kurzweilige Abend bot durch die verschiedenen Perspektiven einen Rundumschlag zum Thema Betriebsnachfolge und regte so zur weiteren Auseinandersetzung damit an.

 

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