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Jean aus Frankreich: Master Gartenbau in Geisenheim

seitliches Portrait

Kennt ihr jemanden, der im Alter von 23 Jahren schon zwei Hochschulabschlüsse vorweisen kann? Was bei uns in Deutschland eher befremdlich klingt, ist in Frankreich durchaus häufiger zu beobachten.

Nach dem Erreichen der allgemeinen Hochschulreife, die es in Frankreich früher gibt als bei uns, beginnen viele junge Leute sofort ihr Studium. Einer von ihnen ist seit April 2013 in der Hochschule Geisenheim im Masterstudiengang Gartenbau eingeschrieben. Jedoch nicht nur für ein Semester im Rahmen des Erasmusprogramms, sondern um sein komplettes Studium hier zu absolvieren.

Jean K. ist gebürtig aus dem Elsass, ca. 3 Autostunden von Geisenheim entfernt. Er ist ein Landmensch, ohne jedoch selbst auf einem Betrieb aufgewachsen zu sein. Später möchte er gern Berater in der Gemüsebranche werden, vielleicht aber auch selbst einen Gemüsebaubetrieb leiten. Das wird die Zukunft zeigen.

Wo? Darüber ist er sich noch nicht im Klaren. Einerseits zieht es ihn in die Heimat, den Elsass. Andererseits hat Jean schon so viele Erfahrungen im Ausland gesammelt, dass er auch einen späteren Job außerhalb Frankreichs nicht ablehnen würde.

Achim: Hallo Jean. Wie geht es dir heute? 

Jean:  Danke, sehr gut. Ich freue mich auf meine Semesterferien, die ich erst einmal in Frankreich bei meiner Familie verbringen werde. Ich habe drei Brüder und eine Schwester sowie ein paar Pferde und Kaninchen. Darauf freue ich mich sehr.

Hattest du während deiner Zeit in Geisenheim Heimweh?

Jean: Manchmal, aber nicht so oft. Ab und zu vermisse ich die Stimmung zu Hause in Frankreich. Aber ansonsten hat das Studium sehr viel von mir verlangt, sodass für Heimweh gar keine Zeit geblieben ist.

Bist du oft nach Hause gefahren?

Jean: Naja, so alle zwei bis drei Wochen ungefähr. Es ist ja nicht so weit weg von Geisenheim. Ich habe hier deutsche Kommilitonen, die Drei mal so lange nach Hause fahren müssen wie ich.

Jean, du sprichst sehr gut deutsch. Wie kommt´s?

Jean: Ich hatte schon in der Grundschule in Frankreich Deutschunterricht. Aber wie das so ist, habe ich mir dann das meiste später selbst beigebracht. Aus Büchern und im Kontakt mit deutschen Freunden. Leider gibt es in Geisenheim keinen Deutschkurs auf meinem Niveau, sodass ich auf professionelle Weise mein Deutsch noch weiter verbessern kann.

Bist du mit der deutschen Sprache im Unialltag gut zurechtgekommen?

Jean: Nächstes Semester wird es besser werden (lacht). Ja, es ging schon. Ich habe schließlich alle Prüfungen bestanden…

Hast du mehr Kontakt mit Deutschen oder mit anderen internationalen Studierenden?

Jean: Auf jeden Fall viel mehr mit Deutschen.

Woher kanntest du die Hochschule Geisenheim?

Jean: Ich bin durch eine ehemalige Studentin auf Geisenheim aufmerksam geworden, die ich in der Schweiz getroffen habe. Da ich einen Master im Bereich Gemüsebau machen wollte, traf sich das ganz gut. Und Deutsch wollte ich sowieso noch richtig lernen. Über die Webseite habe ich dann weitere Infos bekommen und mich schließlich beworben.

Was hat dich denn von Geisenheim überzeugt?

Jean: Eigentlich nur die Empfehlung der ehemaligen Studentin und dann auch, dass der Master in drei und nicht wie sonst üblich in vier Semester abgelegt wird.

Du hast ja trotz deines jungen Alters schon mehrere Studiengänge abgeschlossen. Was und wo hast du denn bereits studiert?

Jean: In Colmar (F) habe ich angewandte Biologie mit Schwerpunkt Agronomie (zweijähriges Diplomstudium) studiert und danach in Genf in der Schweiz einen Bachelor in Gartenbau gemacht.

Man hört ein wenig einen schweizerdeutschen Akzent aus deinem Deutsch heraus…

Jean: Grüezi, ja, ein paar Worte oder Redewendungen habe ich gespeichert, die verschwinden nicht so schnell…

Gefällt es dir an der Hochschule Geisenheim?

Jean: Bisher gefällt es mir gut. Die Stimmung an der Hochschule ist super, einwandfreie Infrastruktur und nette Leute. Die Deutschen an sich sind mir sehr sympathisch und meistens sehr korrekt. Die Kommunikation und allgemeine Administration gefällt mir jedoch nicht so gut. Da könnte noch einiges verbessert werden.

Wie kommst du mit den Dozenten klar?

Jean: Die Vorlesungen, welche ich letztes Semester besucht habe, waren interessant und wurden von netten und kompetenten Dozenten gelesen. Mich hat vor allem gefreut, dass sie großes Verständnis hatten für Probleme, die ich noch mit der deutschen Sprache habe.

Wie empfindest du den Studienablauf an sich?

Jean: Wie schon gesagt, die Module, die ich belegt habe, waren inhaltlich zum größten Teil super, die Dozenten auch. Jedoch habe ich ein paar Kritikpunkte zum  Ablauf des Studiums. Ich finde, dass das gesamte Studium viel zu konzentriert abläuft und so überhaupt keine Zeit bleibt, ein wenig Abstand von der Arbeit zu gewinnen. Studium sollte meiner Meinung nach keine Fließbandarbeit sein.

Hattest du denn überhaupt Zeit, die Stadt Geisenheim oder die Region kennenzulernen?

Jean: Ein bisschen. Ich habe erst am Ende des Semesters gemerkt, wie schön und gemütlich es eigentlich dort ist und dass Geisenheim ja auch einige nette Geschäfte hat. Und dass man in Mainz echt super Party machen kann. Dazu war während des Semesters leider überhaupt keine Zeit, obwohl auch das zum Studieren dazu gehört.

Du willst ja später Berater in der Gemüsebranche werden. Hat sich dein Berufswunsch nach einem Semester Geisenheim bestätigt?

Jean: Definitiv. Vielleicht möchte ich später auch einen eigenen Betrieb haben. Diese Alternative klingt sehr verlockend. Ich möchte nicht unbedingt in Frankreich arbeiten, gerne auch im Ausland.

Trinkst du eigentlich gern Wein? Du studierst ja schließlich in Geisenheim.

Jean: Selbstverständlich (lacht), ich bin doch Franzose. Ich trinke sowohl weißen als auch roten Wein sehr gerne.

Welches ist dein ultimativer Tipp für neue Studenten aus dem Ausland, die in Geisenheim studieren wollen?

Jean: Bereitet Euch gut auf die deutsche Sprache vor. Wenn ihr gut deutsch könnt, ist das Studium überhaupt kein Problem mehr. Aber es ist in jedem Fall eine wunderschöne Erfahrung, im Ausland zu studieren. Überlegt nicht lange, sondern macht es einfach!

Vielen Dank für das interessante Gespräch.

Kategorien: Gartenbauwissenschaft (M.Sc.), Nachrichten