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62. BDO-Fachtagung in Geisenheim

Weinbau unter dem Meeresspiegel, Simon Crone, Niederländischer Weinbauverband; Bildquelle: Tina Kissinger

Motto: „BDO extrem“

Eine Hauptaufgabe unseres Berufsverbands ist die Weiterbildung der Mitglieder. Dafür gibt es u. a. seit über 60 Jahren unsere jährliche Fachtagung. Das Motto der Tagung 2019 war gut gewählt, denn die Veranstaltung war extrem inspirierend. Den knapp 100 Teilnehmenden wurde nicht nur ein insgesamt spannendes Programm geboten, auch die Referate und Diskussionen im Einzelnen waren extrem interessant. Gleich zum Start am Morgen waren die Beiträge zum neuen, herkunftsbezogenen (romanischen) Weinbezeichnungsrecht Anlass für großes Erstaunen im Publikum und Aufhänger für eine anschließende lebhafte Diskussion der Podiumsteilnehmer. Seit 2009 liegt das neue EU Weinbezeichnungsrecht vor. Die Umsetzung für Deutschland blieb bei den Verbänden erst einmal sehr lange liegen und gestaltet sich nun noch schwieriger als erwartet. Zu viele Interessengruppen versuchen dabei, ihre Vorstellungen durchzusetzen. Vor allem die Definition des EU-weit einheitlichen Kennzeichens „geschützte Ursprungsbezeichnung – g.U.“ bereitet Probleme. Bislang gibt es in Deutschland 12 als g.U. eingetragene Spezialitäten. Darunter Allgäuer Bergkäse, Lüneburger Heidschnucke, Weideochse vom Limpurger Rind oder Stromberger Pflaume. Eine Liste der g.U. und g.g.A. ist im Internet unter: https://ec.europa.eu/agriculture/quality/door/list.html einsehbar. Nach Vorstellung des Deutschen Weinbauverbands sollen in Deutschland die bisherigen 13 Weinanbaugebiete in g.U. überführt werden. Das EU-Recht lässt jedoch sehr viel mehr Möglichkeiten zu, eine g.U. zu beantragen, z. B. für bestimmte Bereiche oder Lagen. Bereits im Dezember 2018 hat die EU-Kommission der Eintragung der Lagen Monzinger Niederberg, Uhlen Blaufüßer Lay, Uhlen Laubach und Uhlen Roth Lay als g.U. zugestimmt. Nach Referaten von Rechtsanwalt Dr. Hans Eichele, Mainz, (O-Ton: „Wer einen Antrag auf Eintragung einer g.U. stellt, muss die geografische Angabe genau definieren.“) und dem Geschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Weinkellereien, Peter Rotthaus, („Wir fordern die Abschaffung der Rebsortenliste für die Bezeichnung Deutscher Wein!“ … „Die Ausländer können das besser.“) präsentierte Ministerialrat Dr. Michael Köhler, Leiter des Referats Getränke im BMEL, seine Ideen zur Einführung einer Qualitätsstufe innerhalb der g.U. Er plädiert für ein Siegel mit Namen „DGC – Districtus Germaniae Controllatus“ nach dem österreichischen Vorbild DAC. Möglich wäre dann z. B. „Mosel DGC Region Bernkastel“. Zur weiteren geografischen Eingrenzung könnte nach Vorstellung von Dr. Köhler das Kürzel DGC noch mit einem „s“ für „situs = Lage“ versehen werden, also z. B. „Mosel DGCs Trittenheimer Apotheke“. Er fügte noch ergänzend hinzu, dass „das Ganze nur Sinn macht, wenn es von Marketing begleitet wird“. In der anschließenden Diskussionsrunde rang vor allem Gerhard Brauer, Geschäftsführer der Vertriebskooperation WeinAllianz GmbH, kurzzeitig nach Luft und sagte dann sehr deutlich seine Meinung: „Nein, diese Ideen helfen niemandem. Ich habe nichts von einer notwendigen Profilierung erkennen können. Wir brauchen einfache und klare Regeln, keine hochkomplizierten Konstruktionen.“ Und weiter sagte er: „Diese Ideen bilden in keinster Weise die Realitäten im Markt ab. Wer keinen Kontakt hat zum Verbraucher, der sollte sehr zurückhaltend sein bei der Entwicklung von Profilierungsinstrumenten.“ Dr. Köhler konterte diesen klaren Widerspruch mit dem Satz: „Wir können auch das Modell des Weinbauverbands nehmen. Ich verspreche Ihnen, dann wird es noch härter.“ Und betonte ein weiteres Mal: „Ich sage Ihnen, Sie müssen Geld für Marketing in die Hand nehmen!“

Im zweiten Block der Tagung ging es um Weinbau unter Extrembedingungen. Eingeleitet wurde er von Prof. Dr. Claudia Kammann, die über die Geisenheimer Versuche mit gezielter CO2-Begasung von Reben und anderen Kulturen berichtete. Ihre Charts zeigten sehr anschaulich, dass der Anstieg der Jahresdurchschnittstemperaturen ziemlich genau dann einsetzte, als aufgrund des „sauren Regens“ in den 1980er Jahren Entschwefelungsanlagen in Kraftwerke eingebaut wurden. Dadurch sei ein bis dahin wirksamer „Dimming-Effekt“ durch Luftverschmutzung ausgeschaltet worden. Christine Beisch, berichtete von ihren Erfahrungen bei der Weinproduktion auf den Kapverdischen Inseln, wo 355 Tage im Jahr die Sonne scheint. Ulrich Pedri aus Südtirol erläuterte die Versuche der Laimburg mit der Südtiroler Leitrebsorte Weißburgunder (500 ha) zur Anpflanzung auf verschiedenen Höhenlagen. Und schließlich führte Simon Crone, seit 2015 Präsident des Niederländischen Weinbauverbands (VNWP), in die Details des Weinbaus in den Niederlanden ein, der inzwischen 260 ha Reben umfasst.

Nach der Vorstellung neuer Wissenschaftler und Dozenten an den Standorten Heilbronn, Neustadt/W. und Geisenheim wurden die Fachvorträge abgeschlossen mit einer 8-stelligen Probe von „extremen“ Weißburgunder-Weinen, geleitet von Johannes Burkert, Oenologe bei der LWG, Veitshöchheim.

Die nächste Fachtagung wird bereits am 28. April 2020 stattfinden und sich u. a. mit den Problemen der Weinproduktion in Zeiten von Volksbegehren zur Bienenrettung und Glyphosat-Verbot befassen.

 Ein Bericht von Klaus Herrmann

 

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Verleihung der Oenologen-Nachwuchspreise 2019

Für die besten Bachelor-Thesen wurden Swantje Schulitz im Bereich Weinbau, Mark Weber im Bereich Oenologie, Ekatarina López Grinenko im Bereich Weinwirtschaft sowie Tim Grallert im Bereich Getränketechnologie ausgezeichnet.

Die Hochschule Geisenheim gratuliert den Preisträgerinnen und Preisträgern recht herzlich!

 

Weitere Informationen zum BDO finden Sie hier:

https://www.oenologen.com/

 

Kategorien: Veranstaltungen, STUDIUM, Weinbau, Önologie und Weinwirtschaft (M.Sc.), VITIS-VINUM (M.Sc.), Vinifera EuroMaster (M.Sc.), Weinwirtschaft (M.Sc.), Oenologie (M.Sc.), International Wine Business (B.Sc.), Internationale Weinwirtschaft (B.Sc.), Getränketechnologie (B.Sc.), International, Weinbau und Oenologie (B.Sc.), Deutsch-Italienischer Doppel-Bachelor, HOCHSCHULE, Stiftungen, Presse und Kommunikation, FORSCHUNG, Wissenschaftlicher Nachwuchs, Wein- und Getränkewirtschaft, Technik, Rebenzüchtung, Phytomedizin, Oenologie, Mikrobiologie und Biochemie, Getränkeforschung, Bodenkunde und Pflanzenernährung, Angewandte Ökologie, Allgemeiner und ökologischer Weinbau, Nachrichten

Bilderreihe

Von England bis zu den Kapverdischen Inseln, Christine Beisch; Bildquelle: Tina Kissinger
Die Podiumsdiskussion sorgte für einen schwungvollen Auftakt der Tagung. Es diskutierten (v.l.) Dr. Michael Köhler, Dr. Hans Eichele, Peter Rotthaus und Gerhard Brauer, moderiert von Prof. Dr. Erik Schweickert, Präsident des BDO; Bildquelle: Winfried Schönbach
Keynote von Prof. Dr. Claudia Kammann, angekündigt von Dr. Christian von Wallbrunn; Bildquelle: Tina Kissinger
Probe Weißburgunder extrem; Bildquelle: Tina Kissinger
Probe Weißburgunder extrem; Bildquelle: Tina Kissinger
Probe Weißburgunder extrem mit Johannes Burkert und Felix Baumann; Bildquelle: Tina Kissinger
Verleihung der Oenologen-Nachwuchspreise 2019; Bildquelle: Winfried Schönbach
Verleihung der Oenologen-Nachwuchspreise 2019; für die besten Bachelor-Thesen wurden Swantje Schulitz im Bereich Weinbau, Mark Weber im Bereich Oenologie, Ekatarina López Grinenko im Bereich Weinwirtschaft sowie Tim Grallert im Bereich Getränketechnologie ausgezeichnet; Bildquelle: Winfried Schönbach
mit Wintergrillen des AStA der Hochschule Geisenheim am Weinfass endete die Tagung; Bildquelle: Tina Kissinger